FAU maßgeblich beteiligt an Entwicklung von 6G

People interconnected with depth of field on the concept of team.
(image: Colourbox)

Die fünfte Mobilfunkgeneration 5G wurde erst 2020 eingeführt, doch bereits jetzt fördert die Bundesregierung Forschungsbestrebungen zur Entwicklung des Nachfolgers 6G. Mit dem Industrieprojekt 6G-ANNA, an dem auch die FAU beteiligt ist, soll die Entstehung von 6G aus Deutschland und Europa heraus vorangetrieben werden.

6G-ANNA, kurz für 6G-Access, Network of Networks, Automation & Simplification, bringt 34 Partner aus Industrie und Wissenschaft zusammen, welche im Verbund von Nokia koordiniert werden. Weitere Partner sind unter anderem außerdem Airbus, Ericsson, Siemens oder Vodafone. Die FAU ist durch den Inhaber des Lehrstuhls für Elektrische Smart City Systeme Professor Norman Franchi und sein Team vertreten. Der Experte für Kommunikationssysteme war bereits an der Grundlagenentwicklung von 5G beteiligt.

Frühzeitig eigenständige Expertise etablieren

Ziel von 6G-ANNA ist es, durch frühzeitige Forschungs- und Industrieprojekte eine breite Expertise in der zukünftigen Mobilfunkgeneration in Deutschland aufzubauen. Deshalb hat die Bundesregierung bereits zwei Jahre nach der Einführung von 5G damit begonnen, Förderungen auszuschreiben. 38,4 Millionen Euro gehen dabei an 6G-ANNA.

„Ja, es ist extrem ungewöhnlich, dass die Förderung so früh startet. Doch um Deutschland und Europa als souveräne Experten im Mobilfunk wieder am Markt zu platzieren, ist es unbedingt notwendig,“ erklärt Norman Franchi die Bedeutung des Timings. „Durch die Forschungsarbeit der nächsten Jahre können wir erheblichen Einfluss auf die Standardisierung von 6G nehmen – und wer bei der Standardisierung mitspielt, der wird auch eine maßgebliche Rolle bei der späteren Entwicklung von Produkten einnehmen.“

Gerade die letzten zwei bis drei Jahre hätten gezeigt, wie schnell Versorgungsketten aufgrund von internationalen Spannungen gefährdet seien. Diese Abhängigkeit Europas solle im Falle von 6G durch die frühe Forschungsarbeit und durch Kooperationen von Wissenschaft und Industrie vermieden werden.

Wenngleich noch weitere Industrieprojekte folgen werden, so gelte 6G-ANNA als das Leuchtturmprojekt und diene als Grundlage zur Abstimmung innerhalb Europas. „Letztendlich gibt uns 6G-ANNA das ‚big picture‘. Es ist die Antwort auf die Frage, was 6G sein wird,“ so der Lehrstuhlinhaber.

Die Metropolregion Nürnberg wieder der Mobilfunkstandort

Eine von Norman Franchis persönlichen Ambitionen sei es, die Metropolregion Nürnberg wieder zu dem Standort für Mobilfunk zu machen, der er in den 1980- und 90er Jahren bereits einmal gewesen sei. Die hohe Investition der Bundesregierung in die nun notwendige Forschungsarbeit gelte als ein Signal an die Wirtschaft, sich mit Zuversicht in der Region anzusiedeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Unabhängig, kollaborierend, lernend: 6G ist anders

Im Verbund von 6G-ANNA ist die FAU für die Entwicklung eines neuen Netzwerkkonzepts verantwortlich: Context-aware Collaborative 6G IIoT Networking for Autonomous Systems. Hier sind besonders drei Aspekte wichtig. Zunächst gibt es statt einem zentralen Netzwerk viele eigenständige Subnetzwerke, was auch als „Network of networks“ bekannt ist. Ein enormer Vorteil ist dabei die Unabhängigkeit von einer zentralen Stelle. Unabhängig bedeutet aber nicht isoliert, stattdessen besteht so mehr Potential für gegenseitige Unterstützung und Wachstum. Die einzelnen Netzwerke leben vom Arbeiten und Austausch miteinander und tragen zur gegenseitigen Weiterentwicklung und Optimierung bei. Zudem sind sie anpassungsfähig in Bezug auf ihre Umgebung.

Prozesse wie kollisionsfreies und sicheres autonomes Fahren oder die gemeinschaftliche Bearbeitung von Gütern werden von diesen Eigenschaften profitieren. So sollen etwa autonome Systeme des industriellen und öffentlichen Lebens wie beispielsweise Drohnen, Automobile oder Roboter zukünftig direkt und ad hoc in Subnetzen miteinander kommunizieren können, um Abläufe zu erschließen, die nur in Zusammenarbeit zu bewältigen sind. Dabei ist der Erfolg solcher Kollaborationen maßgeblich abhängig von der context awareness der Systeme, also dem Bewusstsein über und der Anpassungsfähigkeit an Arbeitsumgebung, deren Beschaffenheit und deren Einflussmöglichkeiten auf die Anwendungen.

Die Smart City – der perfekte Einsatzbereich

Die Zielanwendungen für 6G befinden sich zunächst einmal im Industrie- und öffentlichen Bereich, wo ohne zuverlässige Vernetzung bei Versorgungsausfällen große Schäden drohen. Das war bereits bei 5G der Gedanke, weshalb es beispielsweise zuerst Einzug in die Automobilbranche und Fertigungsproduktion erhielt.

„Im Falle von 6G werden Smart Cities ein perfekter Einsatzbereich sein,“ erläutert Professor Franchi die Zukunft der neuen Mobilfunkgeneration. „Laut Prognosen sollen bis 2050 zwei Drittel der Bevölkerung in Städten leben. Eine stabile Verbindung von Infrastruktur, öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Menschen wird noch wichtiger sein als sie es heute schon ist.“

Grundlagenforschung für sechste Mobilfunkgeneration

Neben dem Industrieprojekt 6G-ANNA ist die FAU auch im Open6GHub vertreten. Hier geht es um reine Grundlagenforschung, die sich auf die Vernetzung von Bürgerinnen und Bürgern durch nachhaltige, energieschonende und sichere Netzwerke konzentriert. Das Open6GHub ist eines von insgesamt vier vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten 6G-Forschungs-Hubs. Es erhält von 2022 bis 2025 rund 68 Millionen Euro. Die in Forschungsknoten gewonnen Erkenntnisse werden im Anschluss in Industrieprojekten weiterentwickelt.

Darüber hinaus ist die FAU über den Beitrag von Norman Franchi auch Teil der vom BMBF geförderten „6G-Plattform – Die Plattform für zukünftige Kommunikationstechnologien und 6G“. Ziel der Initiative ist die Generierung wissenschaftlicher Beiträge zur inhaltlichen Gestaltung von 6G sowie die wissenschaftlich-organisatorische Begleitung der Prozesse, die zur erfolgreichen Umsetzung des deutsch-europäischen 6G-Programms nötig sind.

6G-Anna im Überblick

Name: 6G-Access, Network of Networks, Automation & Simplification

Anzahl Partner: 34

Förderung: 38,4 Millionen Euro

Zeitplan

  • Forschungsarbeit und Patentierung: 2022 bis 2025
  • Beginn der Standardisierung: 2025/2026
  • Markteinführung: 2030

Weitere Informationen

Prof. Dr.-Ing. Norman Franchi
Lehrstuhlinhaber Elektrische Smart City Systeme
Tel.: 09131/85-20982
norman.franchi@fau.de