VDE Bayern Award für vier Studierende und einen Doktoranden

Ein schwarzer Doktorhut und ein gerolltes Blatt Papier mit einer Schleife zusammengebunden.
(Foto: colourbox.de)

Vier Studierende und ein Doktorand der FAU haben für ihre Abschlussarbeiten den VDE Bayern Award erhalten. Mit dem Preis zeichnet der VDE Bayern herausragende technische und wissenschaftliche Leistungen sowie Schulen mit herausragenden MINT-Initiativen und innovative Firmengründungen aus.

Dr. Kilin Shi zeigt in seiner Doktorarbeit, dass menschliche Herzraten zuverlässig mittels Radar gemessen werden können, sogar durch Textilien und Matratzen hindurch. Mit dem EKG kann in der Medizin die Gesundheit des Herzens überprüft werden; die aus dem EKG abgeleitete Herzratenvariabilität (HRV) lässt auch Rückschlüsse auf andere chronische und psychische Erkrankungen zu. Allerdings ist vor allem ein Langzeit-EKG für den Patienten alles andere als bequem – muss doch das Messgerät 24 Stunden oder länger am Körper getragen werden. Nach umfangreichen Studien mit Probanden am Universitätsklinikum Erlangen entwickelt Dr. Kilin Shi ein Verfahren, mit dem die HRV berührungsfrei und trotzdem präzise ermittelt werden kann. Dazu setzt er eine komplexe digitale Signalverarbeitung sowie neuartige Konzepte des maschinellen Lernens und der tiefen neuronalen Netzwerke ein. Seine Forschungsergebnisse hat der Ingenieur bereits in rund 30 internationalen Publikationen veröffentlicht. Inzwischen ist er beim Start-up smedo GmbH tätig und entwickelt medizintechnische Produkte zur berührungslosen Messung von Vitalparametern.

Schaltungen: Immer kleiner und mit mehr Leistung

Samuel Faber, Lena Krabbe und Anna Meyer wurden für ihre Masterarbeiten vom VDE Bayern geehrt. Parasitäre Kapazitäten und Induktivitäten von Schaltungen, also unvermeidbare, störende Eigenschaften durch physikalische Effekte, sind Gegenstand von Samuel Fabers Abschlussarbeit. Ihm gelingt es, für eine Halbbrückenschaltung auf Basis von Galliumnitrid die parasitären Eigenschaften des Schaltungsentwurfs vorherzusagen. In der Leistungselektronik sollen Schaltungen immer kleiner und gleichzeitig leistungsfähiger werden. Oft werden anstelle von Silizium inzwischen Halbleiter etwa aus Galliumarsenid oder Galliumnitrid eingesetzt: Sie können höhere Spannungen und Frequenzen verarbeiten und tolerieren höhere Temperaturen. Jedoch müssen parasitäre Kapazitäten und Induktivitäten in den Schaltungen stärker berücksichtigt werden. Dazu konstruiert Faber abstrahierte Simulationsmodelle, mit denen er parasitäre Induktivitäten und Kapazitäten bestimmen kann. Seine Forschung trägt dazu bei, dass Schaltungsdesigner parasitäre Effekte schon bei der Entwicklung dieser neuartigen Bauelemente berücksichtigen können. Für seine Promotion an der Universität Erlangen-Nürnberg erforscht und entwickelt er nun Halbleiterbauelemente aus Aluminiumnitrid.

Radarsysteme für autonomes Fahren oder Gletschermodellierung

Lena Krabbe beschäftigt sich in ihrer Masterarbeit mit Radarsystemen. Beim autonomen Fahren ist die Detektion von bewegten Objekten nach wie vor eine technische Herausforderung. Neben Kamera- und Lasersystemen kommt dafür auch das Abtasten der Umgebung per Radar in Frage; Radar arbeitet auch im Dunkeln oder bei Nebel zuverlässig. Lena Krabbe erweitert das Radar mit synthetischer Apertur (SAR), das bereits in der Satelliten-Fernerkundung eingesetzt wird, für die Anwendung in der Radarsensorik bei Fahrzeugen. Durch ihre neuartige Interpretation dieses Verfahrens können bewegte Ziele in dynamischen Szenen hoch aufgelöst und gleichzeitig an den korrekten Positionen dargestellt werden. Mit den Ergebnissen ihrer Forschungen könnten aber auch Radarscanner an Flughäfen sowie die Sturzdetektion von Personen verbessert werden. Für ihre Promotion an der Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigt sich Lena Krabbe weiterhin mit Radarsystemen, nun aber in der Modellierung von Gletschern. Sie will dazu beitragen, dass der Einfluss des Klimawandels auf Gletscher besser eingeschätzt werden kann.

Bilder in Super Resolution

Gestochen scharfe Fotos – die meisten Digitalkameras liefern heute hochwertige Bilder. Und wenn nicht, dann hilft die Nachbearbeitung, die oft schon in die Kamera integriert ist. Das maschinelle Lernen, insbesondere Algorithmen des Deep Learning, erzielt beeindruckende Ergebnisse auf dem Gebiet der Bildverbesserung, der Super Resolution (SR). Liegen dafür aber zu wenige realistische Trainingsdaten vor, wird das Bild nicht besser, sondern voller Artefakte. Anna Meyer entwickelt in ihrer Masterarbeit eine Methode, mit der bei einer Vielzahl von Kameratypen Artefakte verhindert werden können. Im Rahmen ihres Promotionsvorhabens arbeitet Anna Meyer nun an der Verbesserung von Online-Videokonferenzsystemen.

Eva Nistler untersucht in ihrer Bachelorarbeit einen neuartigen, vereinfachten Dreipunktstromrichter. Dreipunktstromrichter werden wegen ihrer hohen Effizienz mehr und mehr auch im Niederspannungsbereich eingesetzt, etwa als Wechselrichter in Photovoltaik-Anlagen oder in Antrieben von Elektroautos. Im Gegensatz zu den dort üblichen Zweipunktstromrichtern ist ihre Regelung jedoch weitaus komplexer, auch sind mehr elektronische Bauteile notwendig. Eva Nistler identifiziert das Optimierungspotential des Systems, erweitert die Regelung und vergleicht verschiedene Regelungsmodelle in Simulationen. Dabei gelingt es ihr, eine Regelungsstrategie zu entwickeln, die den bisherigen Ansätzen deutlich überlegen ist. Eva Nistler führt ihre vielversprechende wissenschaftliche Laufbahn inzwischen im Masterstudium an der Universität Erlangen-Nürnberg in den Vertiefungsrichtungen Regelungstechnik und Leistungselektronik weiter.

Fotos der Veranstaltung (alle Fotos: Rita Modl/VDE Bayern)

Über den VDE Bayern

Der VDE Bayern bietet Entscheidungsträgern aus Wissenschaft, Industrie, Wirtschaft und Politik die Expertise des VDE in technologie- und bildungspolitischen Fragen an. Darüber hinaus ist der VDE Bayern Ansprechpartner für die bayerische Landespolitik. Rund 5.000 persönliche Mitglieder und über 200 Mitgliedsunternehmen werden durch den VDE Bayern vertreten. Mit jährlich rund 200 Veranstaltungen mit über 6.000 Teilnehmern bietet der VDE in Bayern eine wichtige Informationsplattform zum interdisziplinären Wissensaustausch und -transfer für Hochschulen, Industrie, Handwerk, Behörden, Verbände und die Politik. Mehr Informationen unter www.vde-bayern.de